Blattonisches mit Katja Klengel

derLachwitz
Aber hier und da hat sich dein Umfeld ja schon wiedererkannt. Wie haben sie das aufgenommen?

Katja Klengel
Also ich glaube mein bester Freund hat sich immer gefreut, wenn er drin vorkam, auch wenn er sich immer zu weiblich gezeichnet gefühlt hat. Aber meistens waren es immer Figuren, mit denen ich mich unterhalten habe, die aber im Comic selbst gar keine so große Rolle bekommen haben. Es ging eher um die Geschichte als um die einzelnen Nebenfiguren. Die haben eigentlich nie was großartig Wichtiges gemacht.

derLachwitz
Mit deiner langjährigen ‚Diensterfahrung‘ kann man dich zweifellos schon zu den älteren Hasen der Szene zählen. Ist es über die Zeit leichter geworden etwas zu finden und in Worte, respektive Bilder, zu verpacken?

Katja Klengel
Es entwickelt sich zu einer anderen Herausforderung, weil man am Anfang eine andere Priorität hat als am Ende. Am Anfang war es mir wichtig, jeden Tag etwas zu machen, zu erzählen, was passiert ist. Das war immer sehr intim und mit wenig Entfernung betrachtet – quasi unreflektierter Seelenstriptease. Danach ist es mir aber wichtiger gewesen auszuprobieren, was ich erzählen kann, ohne gleich mein Intimstes zu verraten und dass ein guter Comic daraus wird, der in sich schlüssig und für jeden nachvollziehbar ist.  Damit es sozusagen nicht nur ein Tagebuch bleibt.

derLachwitz
Hast du Angst, dich in eine Ecke zu navigieren, wenn du inhaltlich zu sehr differenzierst, was du machst und was nicht?

Katja Klengel
Nein. Ich habe für mich selbst festgelegt, dass ich erzähle, was ich erzählen möchte und was für mich erzählenswert ist. Und wenn ich nichts habe, das ich erzählen kann und möchte, dann mach ich das auch nicht. Deswegen bin ich davon weggekommen, das täglich zu tun. Sonst passiert es mir schnell, dass es belanglos oder zu gefühlslastig wird, weil man keinen Abstand mehr dazu hat.

derLachwitz
Dein Buch Blattonisch besteht ja aus den, Zitat: „schönsten ihrer Strips“. War das eine Auswahl nach zeichnerischer und erzählerischer Qualität? Und werden weiterhin alle Strips online verfügbar bleiben?

Katja Klengel
Genau. Wenn man mal alte Comics nachliest, denkt man auch: „Was hast du denn da Krasses preisgegeben?“ Es gibt natürlich Leute, die das gut finden, aber ich denke, das muss nicht immer sein.
Ich hab für die neuen Sachen und ein anderes Projekt ein neues Blog angelegt, aber der alte Blog bleibt für alle, die das nachlesen wollen. Im Nachhinein habe ich keine Lust mehr mich zu zensieren. Ich hab’s ja mal gemacht und im Endeffekt muss man dazu auch stehen. Warum auch nicht? Es entwickelt sich immer weiter.

derLachwitz
In der F.A.Z. hast du mit Als ich so alt war nun zum einen ein größeres Projekt abseits deines Webcomics und trittst zum anderen die Nachfolge von Flix an. Wie geht man so etwas an?

Katja Klengel
Das war ursprünglich schon als komplett autobiographischer Zeitungsstrip geplant. Ich hatte meine Oma interviewt, und viel von meinen eigenen Erfahrungen verarbeitet. Dabei geht es um ein Mädchen Mitte zwanzig und ihre Oma, was die für Schicksale erlebt haben und wie die ihre gemeinsamen Erlebnisse miteinander teilen.

Bei der Geschichte ist mir aufgefallen, dass sie mir einfacher von der Hand geht, wenn sie nicht autobiographisch bleibt, sondern frei erzählt wird. Ich habe mich z.B. Mit Manu Larcenet’s Der Alltägliche Kampf beschäftigt und natürlich gibt es da auch Nuancen des Autobiographischen. Aber es geht auch immer ein Stück weit um Abstraktion, weil man freier erzählen und der Geschichte eine andere Dramaturgie geben kann. Man kann damit besser planen und Figuren konstruieren.


1 comment

  1. FAZ-Leser November 8, 2012 10:46 pm  Antworten

    Liebe Katja,
    habe mich jede Woche von Di-Fr bei FAZ-Online auf die Geschichte gefreut! Bin sonst kein großer Fan der FAZ-Comics, aber diesmal hat die Redaktion eine Perle gefunden! Diese Geschichte hatte alles – gefühlvoll, einfühlsam, aber ohne Kitsch, mit beiden Beinen im Leben! Eine Geschichte zum Verlieben! Fantastisch, was man in einem Comic so unterbringen kann! Und das von einer jungen Frau, mit einer Weisheit und Lebenserfahrung gezeichnet, die ihresgleichen sucht! Kein Wunder, dass die Geschichte unter intensiven Auseinandersetzung mit dir selbst entstanden ist! Weiter so, alles Gute für die Zukunft und herzlichen Dank für 7 wunderschöne Monate!
    P.S.: Wenn das mit der Moldau kein Zeichen ist? Bitte als Heft herausgeben, ich würde es sofort kaufen!

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