Comicfestival München – 2/5 – Now there are two of them

War das Wetter vorgestern noch gnädig, wurde es heute ernst. Der offizielle Start des Münchner Comicfestivals wurde von mehr oder minder starkem Regen begleitet. Ohne eine Wasserdichte Transportmöglichkeit war der Comickauf schon ein Wagnis.
Ansonsten war der Tag geprägt von einer immensen Auswahl und kleinen Orientierungsproblemen.

20130530unbenannt-0392Los gings mit einem Besuch im Valentin-Karlstadt Musäum (kein Schreibfehler). In dem von außen unscheinbaren Bau (wir sind zuerst dran vorbeigelaufen und haben nicht gedacht, dass da ein Museum in die Tortürme passt…) gibt es zum einen eine Dauerausstellung zum Namensgebenden Karl-Valentin und aktuell in der Wechselausstellung das Thema Underground-Comix. Neben Robert Crumb, Art Spiegelmann und Gerhard Seyfried werden auch nahezu alle anderen Zeichner der Underground-Ära hier präsentiert. Zwar gibt es pro Zeichner meist nur ein bis zwei Exponate, dafür sind unter diesen erfreulich viele Originalzeichnungen, die einen wahren Genuss darstellen.
Definitiv eine empfehlenswerte Ausstellung, auch wenn sie auf begrenztem Raum stattfindet.

Selbiges kann man leider nicht über die Ausstellung zum Comic Code im jüdischen Museum sagen. Für ein vergleichsweise hohes Eintrittsgeld kriegt man dort viel zu wenig zu sehen. Und dabei ist die Geschichte des Comic Code essentiell für den Werdegang des Underground-Comix, da wäre mehr drin gewesen.

Kwimbi und Zwerchfell bei der ArbeitAb Zwölf wurden dann sowohl im Alten Rathaus als auch im Künstlerhaus die Pforten geöffnet. Im ersteren tummeln sich einige Händler, die durchaus auch einige Hefte zu sehr guten Preisen anbieten. Zum Stöbern und Feilschen sicher eine gute Anlaufstelle. Zudem gab es auch einige echte Perlen im Sortiment zu entdecken, obwohl die Zahl der Händler eher begrenzt ist.
Hauptsächlich wird das Alte Rathaus aber von den Independentverlagen bzw. Zeichnerkollektiven bewohnt. Bei den Ständen von ICOM, JAZAM, Reprodukt, Mondo, Kwimbi und Danibooks (um nur einige zu nennen) gab es von Collab-Heften über Fachliteratur bis hin zu dicken Schwarten und dünnen Heften so ziemlich jede Art von Comicveröffentlichung. Gerade bei JAZAM, Mondo als auch Kwimbi konnte man viele der Zeichner auch direkt antreffen und sich die Hefte ohne lange Warteschlange signieren lassen.

20130530unbenannt-0433Im Künstlerhaus konnte man sich indes die Programme der größeren bzw. bekannten Nischenverlage, wie Splitter, Panini, Carlsen, Epsilon, Reprodukt (ja, die waren in beiden Häusern vertreten) aber zum Beispiel auch Knesebeck, welche erst ganz neu im Comicbereich sind, ansehen. Etwas oberhalb der Ausstellungsfläche waren die Signierstände platziert, an denen prominentere Zeichner wie zum Beispiel Luke Pearson ihre Comics signierten. Des weiteren waren andere Zeichner wie Ingo Röhmling (Splitter) oder Erik Weißmüller (Epsilon) zeitweise auch direkt an den Ständen anzutreffen und für eine Signatur verfügbar. Dazu kommen diverse Ausstellungen, wie jene zu 75 Jahren Superman, die Ducks in Deutschland, Spirou und natürlich über das diesjährige Gastland Italien und seine Comcilandschaft (siehe Galerie).
Sowohl das Alte Rathaus als auch das Künstlerhaus bieten genug Angebot um sich mehr als nur einen Tag dort umzusehen, dazu kommen Aktionen wie Podiumsdiskussionen, Lesungen oder Künstlergespräche.

20130530unbenannt-0436Eines davon fand oben im Künstlerhaus mit Luke Pearson statt, gewohnt souverän moderiert von Lars von Törne (Tagesspiegel). Der Brite präsentierte nicht nur sein frisch auf deutsch erschienenes Buch Hilda und der Mitternachtsriese (Reprodukt), sondern sprach zudem sowohl über die beiden Folgebände, die bisher nur in Englisch verfügbar sind (Nobrow), als auch seine früheren Arbeiten. Einen großen Gesprächsschwerpunkt bildeten die Einflüsse und Inspirationen, die Pearson für seine Arbeit nutzte. Gerade die Hilda-Bücher strotzen vor Verweisen auf nordeuropäische Folklore, die er aber für seine Geschichten selbst sehr ungezwungen in neue Formen brachte.
Pearson machte vereinzelt den Eindruck nicht oft über seine Arbeit zu sprechen. Er wirkte manchmal still, etwas nachdenklich und manchmal vielleicht auch verwundert, dass sich die Leute wirklich für die Art seiner Arbeit interessieren.
Bedauerlich war die eher geringe Besucherzahl beim Künstlergespräch. Unter diesen waren aber immerhin einige, die nur durch Zufall ins Künstlerhaus kamen, und gar nichts vom stattfindenden Comicfestival wußten. Dies zeigt, dass das Festival zwar durchaus von Laufkundschaft leben kann, aber ein wenig mehr Werbung keineswegs schaden würde.

20130530unbenannt-0445Bei der später am Abend stattfindenden Peng!-Preisverleihung hat Luke Pearson dann auch den Preis für den besten europäischen Comic erhalten. Mehr zu den anderen Preisträgern, schreibt Lars von Törne drüben beim Tagesspiegel. Über die morgige ICOM-Preisverleihung wird es dann auch hoffentlich hier etwas mehr zu lesen geben.

FunFacts des zweiten Tages

  • Regen!
  • Weniger Aussteller als erwartet im Alten Rathaus
  • Viele Zufallsbesucher, die vorher nichts vom Festival wußten
  • Künstlerhaus ist eine beeindruckende Location. Mehr als angemessener Rahmen für Comics.
  • Cthulhu ist die Wiege allen Nerdtums. Essenzielle Bildungslücke wurde von Anna-Maria-Jung geschlossen. Danke!
  • Entdeckung des Tages: Luke Pearson. Ersteindruck: Irgendwo zwischen Folkmärchen, Ted Naifeh und Hayao Miyazaki. Zu Recht Peng!-Preis gewonnen!
  • Gutes Essen: Asia Imbiss direkt vorm HBF – Schärfegrad… HOT… bissl laute Platznachbarn, aber große und ausgesprochen leckere Portionen abseits der 0815 Pekingente
  • Erwähnte ich Regen?

 

 

Für die Gesprächsrunde zwischen Robert Crumb, Gilbert Shelton und Gerhard Seyfried hat leider die Zeit nicht mehr gereicht. Doch Augenzeugenberichten und Twitterposts zufolge, war es ein faszinierendes Zusammentreffen dreier Legendärer Zeichner und gerade Shelton und Crumb haben jede noch so seltsam klingende Frage mit einer ungemeinen Lässigkeit und Verspieltheit beantwortet.

Das war auch schon das Programm für heute. Sowohl Bollers Ewiger Himmel, als auch Wickie und die starken Kinder hat zeitlich leider nicht mehr gepasst. Aber zumindest zu ersterem sollte es demnächst was bei Splashcomics geben. Morgen wird es noch ein wenig turbulenter, während das Wetter nochmal eine Ecke schlechter werden soll. Neben einer Diskussionsrunde zu den Verdienstmöglichkeiten im deutschsprachigen Comic und der ICOM-Preisverleihung, erhalte ich noch Verstärkung durch die wortgewandte Madamebooks! Nebenher entstehen übrigens auch stetig neue Videoaufnahmen, die dann über das Wochenende in einen neuen Podcast zusammengestückelt werden.

Und denkt an die Feedback-Blogging-Aktion! Schreibt mir von welchem Zeichner/Programmpunkt ihr Bilder, Berichte oder mehr haben wollt, und ich kümmere mich drum. Ich bitte nur um Rücksicht, dass ich keine Signaturbestellungen annehme, da dies auch den Zeichnern gegenüber unfair wäre.

Zur besseren Übersicht hier direkt die anderen Berichte von der Dresden-München Comictour


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