Alle Jahre wieder – der SPON-Adventskalender

Seit einigen Jahren fährt der Spiegel in seiner Onlineausgabe (SPON) passend zum Advent einen speziellen Adventskalender, bestehend aus Strips vieler verschiedener Webcomiczeichner. An sich eine tolle Aktion, aber so richtig kam sie bisher nie in die Gänge und steht gleichzeitig symptomatisch für einige Probleme, die der Webcomic noch hat.

 

Es ist ja wirklich löblich, dass eine der am häufigsten gelesenen Nachrichtenseiten Deutschlands dieses Feature bringt. Zwar werden Comics insgesamt immer akzeptierter, dennoch haftet ihnen zu oft ein Makel an, den sie nicht verdient haben. Beim Webcomic ist dies noch extremer. Von der Tatsache, dass sie kostenlos sind, wird viel zu oft auf deren Qualität geschlossen. Auch schreckt man viel zu schnell zurück, wenn der Zeichenstil oder der Humor nicht dem eigenen Geschmack entsprechen. Klar, was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. So gesehen kann man sich freuen, wenn große Zeitungen oder Webseiten das Thema aufgreifen.

Leider war der SPON-Adventskalender bisher immer etwas problematisch. In den vergangenen Jahren litt die Gestaltung und Organisation des Kalenders unter einigen banalen Mängeln, deren Leidtragende am Ende sowohl die Zeichner wie auch die Leser waren. Zwar gab es einen Aufruf an die deutschen Zeichner, dass sie doch Material einsenden mögen, aus dem dann die Kalenderbeiträge gewählt werden. Aber die Bearbeitung dieser Einsendungen lief vermutlich unter großem Zeitdruck. Anders lässt sich kaum erklären, dass vereinzelt Zeichner selbst auf Nachfrage nicht informiert wurden, ob ihre teils extra für den Kalender gezeichneten Beiträge nun veröffentlicht werden oder nicht. Von dieser Information hängt einiges ab, da man den Beitrag sonst auf der eigenen Webseite nutzen kann, aber eben nur in der Zeit bis zum Weihnachtsfest. Danach passt das Thema nicht mehr und die nicht geringe Arbeitszeit für den Strip war für die Katz.
Der Gedanke, dass die Zeichner zwar kostenlos etwas für SPON bereitstellen, im Gegenzug aber von den hohen Besucherzahlen des SPON profitieren, könnte die ganze Sache aufwerten und den Aufwand und die Probleme, die hier und da entstanden, entschädigen.
Allerdings sind die Leserzahlen auf den Kalender bezogen doch eher schwach und bei den meisten Zeichnern ist davon am Ende wenn überhaupt, nur wenig angekommen. Vereinzelt lag dies auch an fehlenden Links in den meist gut geschriebenen Beschreibungstexten, ein weiterer eigentlich unnötiger Mängel.

Dazu kommt eine fast schon sträfliche Lieblosigkeit. Natürlich kann man nicht auf jede Besonderheit im Detail eingehen. Doch wenn die gewählten Webcomics unterschiedliche Formate haben, sollte am Ende die Lesbarkeit doch an erster Stelle stehen. Aktuell sieht man am Beitrag von Aike Arndt leider genau, wie es nicht gemacht werden sollte. Als Gegenbeispiel schaut man nun bitte mal auf der Homepage des Zeichners. Dort ist zwar nur der erste Strip im gut lesbaren Format, bei den anderen steht aber klar und deutlich dran, dass es sich nur um eine Vorschau aus dem Buch handelt.

Was bei den Kollegen Flausen, Flix, Joscha Sauer und vermutlich 70% der restlichen Webcomiczeichner perfekt passt, wird hier fast unlesbar. Weder gibt es eine Zoomfunktion, noch wurden die Strips in einzelne kleine Ausschnitte zerlegt. Natürlich täte letzteres dem Werk von Aike Arndt nicht gut. Aber solche grundlegenden Probleme muss man berücksichtigen! Entweder passt man die Auswahl der Beiträge an (was natürlich schade wäre, da der Webcomic so viel von seiner ihn definierenden Freiheit verliert), oder man sorgt für die technische Gegebenheit ihn gut lesbar zu machen. Letzteres wird vermutlich bei einer komplexen Plattform wie SPON nicht ohne weiteres gehen.
Das ist aber kein Grund sehenden Auges in diese Falle zu schlittern. Natürlich werden junge Leser damit kein Problem haben. Aber viele der etwas älteren Generation, die man inhaltlich damit ansprechen könnte, werden nach einem flüchtigen Blick gleich weiterziehen und das seltsame Gekritzel ein paar Klicks später schon vergessen haben. Ein interessierter Leser könnte auf den Link zum Zeichner gehen, aber auch dazu muss zuerst mal ein Anreiz gegeben werden, und der muss leserlich sein.

Es ist schon traurig, dass diverse Webcomiczeichner teils sogar als Autodidakt ihre fürs Web geschaffenen Werke selbsttätig und mit viel Mühe drucken lassen, und eine Instanz wie SPON nicht die Zeit bzw. investieren kann, um die Werke angemessen darzustellen. Dann darf man sich über Unmut bei den Zeichnern auch nicht wundern. Gerade im letzten Jahr kochte dieser nicht zu unrecht hoch und sorgte wohl dafür, dass inzwischen nicht wenige Zeichner, den Adventskalender schlichtweg ignorieren, oder zumindest kein exklusives Material mehr für ihn einreichen.

Es hätte ein schöner Adventseinstand werden können. Aber dazu muss mehr Mühe als nur eine Mittagspause aufgewandt werden. Ich kreide die Mängel dabei gar nicht mal dem zuständigen Mitarbeiter an, sondern wohl eher den Auflagen, unter denen er dieses kleine und an sich feine Projekt stemmen musste.
Und dabei war die Wahl der Beiträge in den vergangenen Jahren alles andere als schlecht. Selbst Zeichner mit einem kruden oder auch bitterbösen Humor, den man nur bedingt als massentauglich empfinden könnte, wurden präsentiert und gut beschrieben. Also ein guter Ansatz, der in der Umsetzung leider empfindliche Fehler hatte. Man kann nur hoffen, dass die nächsten Beiträge besser werden. Zwar muss man nun wieder Boden gut machen bei den Zeichnern, aber den Versuch wäre es wert. Und vielleicht wird jemand in der SPON-Redaktion ja auch noch auf den Gedanken kommen, den Kalender etwas öffentlicher zu präsentieren…

Trotz aller Mängel verdient der Kalender mehr Klicks. Also schaut ihn euch an, zeigt ihn euren Eltern, euren Freunden und allen die euch sonst noch einfallen, und sei es nur um ihnen mal zu zeigen was es an schönen Comics da draußen gibt. Immerhin hat der Spiegel bei vielen Personen noch einen guten Ruf.
Und so paradox das klingen mag, vielleicht fühlen sich die Verantwortlichen bei besseren Leserzahlen auch eher in die Pflicht genommen, das Ganze nicht so stiefmütterlich zu behandeln.

Ja, schimpft mich Träumer, aber ich möchte mir jetzt in der Adventszeit nicht unnötig schlechte Gedanken machen 🙂


7 Comments

  1. Stefan Pannor Dezember 4, 2012 2:39 pm  Antworten

    „Allerdings sind die Leserzahlen auf den Kalender bezogen doch eher schwach“

    Das ist falsch, und ich wüsste gern, woher du das nimmst.

    Du hättest mich locker vorher kontaktieren können. Nix gegen Kritik, aber bitte auf dem Boden fester Tatsachen.

    LG

    • alex Dezember 4, 2012 4:04 pm  Antworten

      Ich hab mich da auf Aussagen einiger Zeichner vom letzten Jahr berufen. Zumindest bei denen war kein spürbarer Zuwachs entstanden, im Vergleich zu anderen Aktionen. Ging mir also um die Leser, die dann vom Kalender weiter zu den Zeichnern gehen und da auch nicht sofort wieder verschwinden.

      Dies fand ich gerade interessant, da ich gedacht hab, bei einer Plattform wie SPON können selbst bekanntere Zeichner davon noch orofitieren.

      Bezüglich Kontaktieren hast recht, das ging dann meinerseits wirklich unter, sorry. Wird nächstes Mal dran gedacht, ist ja nicht so, dass SPON nur im Advent was über Comics macht.

  2. Stefan Pannor Dezember 4, 2012 4:45 pm  Antworten

    Das ist aber ein gewagter Schluss.

    Zum einen: die Erfahrungen der Zeichner sind mWn different – von atemberaubend vielen weitergeleiteten Lesern bis hin zu sehr wenigen. Mitunter können Zeichner sogar komplett unterschiedliche Erfahrungen machen – in einem Jahr top, im nächsten Jahr Flop. Ich habe so eine Ahnung, dass du dich lediglich auf zwei mir ebenfalls bekannte Aussagen beziehst, die weitflächig getwittert wurden, aber nicht repräsentativ sind.

    Das führt zum anderen: der Comic auf SPON ist lediglich die Visitenkarte für die Website des Zeichners. Wie viele Leser dann wirklich versucht sind, aufgrunddessen auf die Website zu gehen, ist Sache der Leser. Wie man sieht, tun wir alles dafür, dass sie es tun. Aber steuern können wir es nicht.

    An solchen Stellen würde ich mir einfach mal Recherche wünschen, statt einfach nur Twitter und Facebook als Quelle anzunehmen. Ich kann deine Kritik an manchen Stellen nachvollziehen (an einigen der genannten Fehler basteln wir grade in diesem Moment, um andere muss ich halt immer wieder kämpfen), aber sie fusst auf einer eher fragwürdigen Quellenkenntnis.

    Immerhin siehst du ja jetzt selbst, wie schnell mal eine eigentliche wichtige Mail plötzlich doch nicht geschrieben wird. Das ist doof, aber sehr menschlich. 😉

    Nicht zuletzt, auch wenn das nicht wirklich wichtig ist: es ist kein Webcomic-Adventskalender. Das mag so aussehen, weil viele Webcomicer dabei sind. Das liegt aber daran, dass in Deutschland Webcomics aufgrund der strukturellen lage des Marktes für viele Kreative der einzige Weg sind.

    Im vergangenen Jahr war der Adventskalender tatsächlich dem Thema Webcomics gewidmet. In diesem Jahr ist das Thema Weltuntergang. Heute ist mit Vincent Burmeister ein Nicht-Webcomicer vertreten, weitere werden folgen.

    • alex Dezember 4, 2012 10:24 pm  Antworten

      Ich kann dich beruhigen. Ich habe mit mehr als jenen zwei (möglich dass wir da an dieselben denken)gesprochen und es war auch nicht, dass nur schlecht drüber gesprochen wurde.
      Wie du sagst gab es unterschiedliche Erfahrungen. Es kann gut sein, dass ich evtl. schwerpunktmäßig die schlechteren erwischt habe. Aber ich bin nicht über negative Tweets oder Facebookkommentare auf das Thema gekommen, sondern aus schlichtem Eigeninteresse mit einer positiven Erwartungshaltung.

      Ursprünglich wollte ich schon letztes Jahr etwas dazu schreiben, aber die hier und da aufkochenden Diskussionen haben mich dazu bewogen, das Thema erstmal abkühlen zu lassen.

      Meine Kritik am Konzept des Kalenders (ich hoffe ich hab ihn nicht versehentlich mal als Webcomic-Kalender bezeichnet, auch wenn ich den Übergang zwischen Comic und Webcomic als immer fließender betrachte), zielt ja hauptsächlich auf die Organisation und Budgetzuteilung dahinter, also garnicht auf deine Arbeit. Da wird an falscher Stelle gesparrt, aber da ihr daran arbeitet bin ich optimistisch. Und ich hoffe vor allem, dass der Kalender auch bei jenen wieder Punkte sammeln kann, die ihm kritisch gegenüberstehen bzw. verschreckt sind, begründet oder unbegründet.
      Ich hoffe das konnte ich im Artikel ausdrücken. Nicht umsonst hab ich ihn unter „Lachwitz lästert“ eingestellt, da man als Comicleser ja auch schnell mal mitleidet 😉

  3. Stefan Pannor Dezember 6, 2012 12:10 pm  Antworten

    Tja, sag in zwei Wochen mal Bescheid, wie du’s fandest.

    Ich stehe ja auch für Interviews zum Thema zur Verfügung, außer an Weihnachten. 😉

    • Joerg Dezember 8, 2012 12:10 am  Antworten

      Schade finde ich, dass du in den vorherigen Punkten recht ausführlich auf die Notwendigkeit zu Recherche eingehst, hier aber jetzt leider nicht mehr auf die Kritik an Organisation und die Budgetzuteilung.
      Ich weiss, wir haben diese Diskussion schon geführt, Stefan, und ich weiss auch, dass SpOn nach deiner eigenen Aussage durch „Sachzwänge“ daran gehindert wird, den Content zu bezahlen, obwohl sich mir das immer noch nicht erschliesst, was das für Zwänge sein mögen.
      Das ändert aber leider auch nichts an den Kritikpunkten die bleiben, was zum Beispiel die Lesbarkeit angeht. Wird denn an dem Problem weiter gearbeitet?

      • Joerg Dezember 8, 2012 12:14 am  Antworten

        Achso, und ums noch mal zu wiederholen: An deinem Einsatz für die Sache zweifelt hier Niemand.

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