Thor – The Dark Kingdom

poster_thor-2-dark-kingdom-65060Da ist er wieder, der Film mit dem mächtigen Wumms, dessen Erstling für mich eine einzige Enttäuschung war, insbesondere da er die meisten Handlungsgrundlagen für The Avengers lieferte und damit eigentlich ein wichtiger Film im Marvel Cinematic Universe sein sollte. Aber sei’s drum. Thor – The Dark Kingdom legt im Vergleich zum Vorgänger deutlich zu und macht trotz oder gerade durch eingeschränkte Möglichkeiten überraschend vieles richtig.

Eine kurze Rückschau. Vor zwei Jahren lieferte Kenneth Branagh, anerkannter Shakespeare-Experte (Viel Lärm um Nichts, Hamlet, Verlorene Liebesmüh), mit Thor einen Film ab, der zwar von der Fachpresse durchaus als gelungen betitelt wurde und dem erkennbare Shakespearsche Züge zugerechnet wurden, der aber weder mich persönlich noch in einem Großteil meines Umkreises wirklich punkten konnte. Daher eine kurze persönliche Analyse, ehe wir zum neuen Thor kommen.

Sowohl Kenneth Branagh als auch Natalie Portman (bis auf Just-For-Fun-Rollen wie in Star Wars sucht diese Frau ihre Drehbücher ja doch meist nach IQ aus…) waren für mich ein Garant, dass da etwas mit Witz, Charme und womöglich auch etwas Hirn ankommt. Doch es war mir nicht möglich mehr als einen minimalsten Bezug zu Shakespeare oder großer Tragik zu erkennen, obwohl sowohl die Comicvorlage als auch deren mythologische Vorlage zig Ansätze dazu böten. Der Selbstfindungstrip von Thor war, nicht nur wegen einer der langweiligen Lovestorys aller Zeiten, so spannend wie der Bahnhof von Emden. Einzig die menschelnden Götter/Asen und das tatsächliche Schauspieltalent von Tom Hiddleston als Loki gaben dem ganzen etwas Würze, doch es fehlte das Fleisch in der Suppe.

Inzwischen muss man festhalten, dass Tom Hiddleston wirklich ein ausgesprochen talentierter Schauspieler ist und dazu noch ein kongenialer Glücksfall für die Rolle des Loki. Chris Hemsworth als Thor indes kann nur bedingt grimmig gucken und punktet sonst nur über seine Präsenz bzw. sein beachtliches Sixpack. Viel schauspielerisches Talent ist bisher nicht durchgedrungen, auch nicht in ernsten Rollen wie Rush. Natalie Portman wirkt leider erneut meist unterfordert. Der Humor des Films funktioniert bei ihr leider längst nicht so gut wie bei ihrer Begleiterin Kat Dennings, die sich aber auch schon länger in der Serie 2 Broke Girls entsprechend vorbereiten konnte.

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Zurück zu Thor – The Dark Kingdom. Nach seinem Kurzausflug zu den Avengers wird Loki erstmal eingekerkert und Thor kümmert sich darum in allen neun Welten Frieden zu stiften um seine Reife für den Thron Asgards zu beweisen. Das funktioniert als Rollenmodell auch sehr gut, allerdings nur dank des Drehbuchs. Chris Hemsworth gelingt es trotz aller Mühe nicht die richtige Ausstrahlung rüberzubringen um als ruhiger und besonnener Weltverbesserer daherzukommen. Dennoch sieht man ihm beim Prügel Austeilen gerne zu, denn er strahlt, wenn schon keine Königswürde, dann doch immerhin eine spitzbübische Freude aus.

Bevor Thor aber nichts mehr zu tun hat, taucht passend ein neues Problem auf. Vor fünftausend Jahren besiegte Odins Vater die Dunkelelfen und ihren Anführer Malekith, der sich dereinst eine mächtige Waffe aneignen wollte. Diese ist nun gut verborgen und die Dunkelelfen treiben im Tiefschlaf dahin. Dumm nur, dass alle fünftausend Jahre die neun Welten in einer besonderen Konstellation stehen und diese mächtige Waffe, genannt Äther, wieder aktiviert werden kann. Noch dümmer, wenn die Freundin des Helden darüber stolpert und prompt infiziert wird.

Wäre nicht die Vorgeschichte aus den früheren Filmen und ein entsprechender Hintergrund für Thor, Odin und vor allem Loki vorhanden, man würde den Film schon in der ersten halben Stunde schnell abtun. Nichtsdestotrotz, der Angriff der erwachten Dunkelelfen ist nicht nur dank des guten Artdesigns selbiger sehenswert. Asgard, die Heimat der Götter, darf in diesem Film endlich mal etwas mehr Charakter zeigen und wirkt nicht mehr nur wie eine stereotypische Wunschfantasie eines Juwelier und Goldschmieds. Selbst Odins Rüstung scheint nicht mehr ganz so auf Hochglanz poliert wie noch vor zwei Jahren. Ein wenig künstliche Patina wirkt hier Wunder. Auch die anderen Bewohner Asgards bekommen, trotz überschauberer Leinwandzeit, mehr Charakter als noch im Vorgänger. Besonders Frigga (Rene Russo), die Mutter der ewig zankenden Halbbrüder und Odins Göttergemahlin hat gute starke Auftritte bekommen. Davon sollte man sich das nächste mal etwas für Natalie Portman abschneiden, die Frau blieb einfach hoffnungslos unterfordert. Aber um auch was Gutes zu nennen: Im Finale des Films werden die meisten Erfolge mit Wissenschaft und nicht mit Muskelkraft erreicht – das in einem Film wie Thor zu schaffen ist schon fast eine… Herkulesleistung.

Bis es aber zum Finale kommt geschieht noch Einiges. Thor versucht seine Geliebte zu retten, Loki will aus dem Gefänigs raus und Malekith will einfach nur Rache. Christopher Eccleston darf in seiner Rolle als Dunkelelfenkönig leider meist nur grimmig gucken und die üblichen Rache- und Pathos-Gesten vollführen. Immerhin kann man den durch Doctor Who bekannten Darsteller unter der Maske noch durchaus erkennen, was bei seiner prägnanten Gesichtsform ein großer Vorteil für die Rolle ist.

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Verlass ist generell auf fast jede Szene mit Loki und den Nebenfiguren, sowohl in Asgard als auch auf der Erde. Bei letzteren wurde die Handlung im übrigen aus den USA nach London verlegt. Sowohl hüben wie drüben zündet überraschend oft ein anheimelnder, nicht komplizierter, aber meist effektiver Humor. Wenn man bei Menschen zu Gast ist, dann muss sich Thors Hammer Mjölnir halt mit dem Kleiderhaken begnügen. Die Beziehung zwischen Loki und Thor steht zwar nominell nicht im Zentrum der Handlung, macht aber doch den größten Reiz des Mittelteils aus. Auch das Drehbuch zeigt sich hier von seiner besseren Seite und versucht wenigstens den Zuschauer etwas an der Nase herumzuführen.

Nach einigem Hin und Her, inklusive kleinerer Längen, darf der Film zum Finale noch einmal richtig aufdrehen und schafft es sogar zu überraschen. Nicht nur, dass Wissenschaft hier mal abseits der Starkschen Selbstverliebtheit (siehe die Iron Man-Filme) zum Sieg helfen kann; das Herumhopsen zwischen den Welten hat einen derart aberwitzigen Charme; würde zwischendurch eine blaue Telefonzelle mitsamt dem Doktor auftauchen, niemand würde sich wundern. Auch im restlichen Film hat man hier und da das Gefühl dezente Verneigungen an Doctor Who und die englische Serienkultur zu erleben, wozu auch ein Gastauftritt von Chris O’Dowd (The IT-Crowd) beiträgt. Nebenbei macht sich Brian Tylers musikalische Untermalung Mühe, eigene Akzente zu setzen und hat schon einiges von ihrer charakteristischen Hans-Zimmer-Note verloren, so dass er nicht mehr wie ein fader Abklatsch wirkt. Es bleibt interessant zu hören, wozu sich Tyler noch entwickelt. Für Thor – The Dark Kingdom hat jedenfalls er einen durchaus gefälligen Score mit Wiedererkennungswert komponiert.

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Nach der obligatorischen Nach-Abspannszene verlässt man das Kino mit einem latent geplätteten Gefühl. Der Film hat die üblichen Blockbuster-Schwächen, wie teils überlange Effektbombardierungen und gewaltige Logiklücken, aber anders als sein Vorgänger passiert jetzt auch gefühlt etwas und das Drehbuch geht auf das darstellerische Talent seiner Besetzung viel stärker ein. Wo Chris Hemsworth im ersten Teil noch versuchen musste einen Helden auf Selbstfindung und Menschwerdung zu mimen, darf er nun wütend oder traurig draufhauen, oder auch nur als Kulisse für einen Gag herhalten, die Emotion hat man dem restlichen Ensemble überlassen. Gute Entscheidung. Tom Hiddlestons Bedeutung für die Thor-Filme kann man inzwischen langsam mit der von Robert Downey Jr. für Iron Man vergleichen, ohne ihn wären sie fast belanglos und dabei spielt er nicht mal die Hauptrolle. Für den sicheren dritten Teil bitte noch etwas mehr Einsatz für Frau Portmann, Rene Russo als Frigga hat gezeigt wie es geht, und einen Bösewicht mit etwas mehr Tiefgang könnte die Reihe auch vertragen.

Im übrigen kommt Thor – The Dark Kingdom zwar in 3D in die Kinos, wurde aber wie die meisten Filme nur konvertiert und der Effekt ist wohlwollend noch als nett zu bezeichnen.

PS: Wer übrigens weiter am Thema Marvel-Filme bzw. vor allem Avengers interessiert ist; bei den Consulting Nerd Girls gibt es heute Abend einen passenden Hangout zu dem Thema. Einschalten lohnt sich, nicht nur weil die netten Damen auch immer fleißig auf Zuschauerfragen eingehen.

  • Thor – The Dark Kingdom
  • Walt Disney Studios Motion Pictures
  • USA 2013
  • Darsteller: Chris Hemsworth, Natalie Portman, Tom Hiddleston, Anthony Hopkins, Rene Russo, Stellan Skarsgård, Idris Elba, Christopher Eccleston
  • Regie: Alan Taylor
  • Musik: Bryan Tyler
  • Drehbuch: Christopher Yost, Christopher Markus, Stephen McFeely, Don Payne, Robert Rodat

  • Text Copyright 2013 Alexander Lachwitz
  • Cover, Artwork Copyright Walt Disney Studios Motion Pictures

2 Comments

  1. Max Vähling November 12, 2013 12:36 pm  Antworten

    Schon wahr, der erste Thor-Film war enttäuschend, zumindest als Kenneth-Branagh–Film. Der neue macht einfach mehr Spaß und wirkt geschlossener. Plus, Greenwich statt New York oder LA. Dafür gibt’s definitiv Punkte bei mir. Aber ein wenig Ehrentrettung des ersten muss schon sein:

    Shakespeare hat ja nicht nur dramatische Epen geschrieben. Für mich war Loki ein klassischer Shakespeare-Bösewicht. Jedes Wort eine Manipulation, jede Handlung eine Falle – das ist im neuen Film leider nicht so zum Tragen gekommen.

    Der andere Vorteil des ersten Thors war für mich die Fish-out-of-Water-Geschichte. Von mir aus hätten sie einfach nur zwei Stunden lang Thor in diesem Diner zeigen können, das hätte gereicht. Die Kampfszenen haben da eher gestört. In Thor 2 gab’s in der Richtung nur noch die wunderbare Szene mit dem Kleiderhaken.

    Insgesamt ist der zweite Film gelungener, weil geschlossener, kommt aber an die (leider zu wenigen) besten Momente des ersten nicht heran.

    • alex November 13, 2013 3:19 pm  Antworten

      Vielleicht bin ich da zu skeptisch gegenüber dem ersten, nachdem die Kombo Branagh/Portman so enttäuschend war. Doch der Humor, so gut er im ersten Teils auch platziert war, war für mich eher nur ein Notnagel der nur dürftig die fehlende Dramaturgie kaschierte.
      Der Kampf gegen den Destroyer wirkte schon im Trailer für mich sehr langweilig.

      Loki war für mich der Grund den ersten noch einige Male erneut zu schauen und dann langsam mit dem Film warm zu werden. Aber auch hier muss ich gestehen, dass mich erst das spätere Wissen/Eindruck von Hiddleston in Avengers versöhnlicher gestimmt hat. Es war im ersten zu sehr absehbar was Loki plant und seine Rachegelüste waren für den Zuschauer so deutlich, dass seine Manipulation, zumindest für mich, nicht so richtig punktete. Das gefiel mir im zweiten Teil deutich besser, da man nie genau wußte was nun wirklich in ihm Vorging und was sein Ziel ist.

      Die Fish-Out-Of-Water-Elemente haben mir klar gefallen, auch der Humor der hier vorhanden war, das machte auch die Lovestory noch grade erträglich, aber es hat für mich nicht mehr gerreicht die Enttäuschung zu retten. Andererseits, seitdem bin ich bei Comicverfilmungen wieder ne Stufe vorsichtiger geworden um nicht nochmal so enttäuscht zu werden.

      Kann deine Argumente aber gut verstehen und ich denke das erklärt auch, warum doch recht viele den Film durchaus mögen, das war gestern im ConsultingNerdGirls-Hangout auch eine Überraschung für mich.

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