Blattonisches mit Katja Klengel

Katja Klengel gehört derzeit zu den ganz aktiven unter den jungen Webcomiczeichnern. Jung darf man aber nicht mit mangelnder Erfahrung verwechseln. Neben Beiträgen in Panik Elektro Bd. 7: Seelenstrips, dem ersten Subway to Sally Storybook und ihrem Comicblog Blattonisch zeichnet sie aktuell für die F.A.Z. ihren Fortsetzungscomic Als ich so alt war. Nicht zuletzt erschien beim Schwarzen Turm unter dem Titel Blattonisch eine Sammlung ihrer besten Comics aus ihrem gleichnamigen Blog, den sie seit 2007 führt.

Abseits vom Messetrubel des diesjährigen Comic-Salon hatte ich in Erlangen die Gelegenheit, in Ruhe mit ihr über ihre aktuelle Arbeit, Spaß am Comiczeichnen und den Sinn und Unsinn von Panelvorgaben zu plaudern.

derLachwitz
Viele Webcomiczeichner haben ihre Seite ja gestartet, um einen Grund für regelmäßige Zeichenübungen zu haben, zu experimentieren und mit dem direkten Feedback arbeiten zu können. Kann man dies auch über Blattonisch sagen, als du damals damit angefangen hast?

Katja Klengel
Ja, damit fing es auf jeden Fall an. Ich war inspiriert durch Flix und Asja Wiegand, weil ich dieses Vorhaben, jeden Tag etwas zu machen, gut fand, auch als zeichnerische Übung. Auch das Kriterium in vier Bildern zu erzählen, empfand ich als spannend. Aber natürlich fragt man sich irgendwann: „Warum denn vier Bilder, wer sagt denn das? Vielleicht können das ja auch sechs sein, oder mal zwei oder auch nur eins.“

Ich finde, dass das keine allgemeine Vorgabe sein muss, da ich zugunsten der Geschichte entscheiden möchte. Wenn man weiß, die Geschichte braucht mehr Bilder, dann bekommt sie die.
Man entwickelt ja irgendwann auch ein Gefühl dafür, ob die Geschichte, die man erzählt, melancholisch ist, und mehr stille Momente dazwischen, oder ob es beispielsweise eine auf Pointen fixierte Geschichte ist, die mehr Tempo braucht .

Sarah Burrini ist meiner Meinung nach die Meisterin im Erzählen pointierter Geschichten. Sie erzählt mit klassischer Exposition, Dramaturgie und Pointe am Schluss und das beherrscht sie auch sehr gut, ohne sich zu wiederholen. Ich glaube ich bin das aber gar nicht so sehr. Ich reagiere lieber in den Dialogen und Situationen dazwischen.

derLachwitz
Man kann einen Stil oder eine Prämisse ja auch sehr unterschiedlich ausgestalten. Sarah zum Beispiel, assoziiere ich fast immer automatisch mit Mario Bühling. Sie kommen beide aus dem Biographischen und Nerdbehafteten, machen aber ganz unterschiedliche Sachen damit, und haben beide ihre Arten von mehr oder weniger fiktiven Figuren.

Katja Klengel
Natürlich hatte ich auch mal diese Eingebung, dass es vielleicht spielerischer zu erzählen ist und auf mehr Idendifikation und Sympathie stößt, wenn man eben diese nicht-existenten Figuren verwendet. Figuren, die man ausbauen kann, in die man viel Fantasie reinlegen kann. Ich hatte das zeitweise auch in Form einer Muse probiert, die Emo war. Sie wohnte bei mir, hatte eine selbstmordgefährdete Katze und war mit Bill Kaulitz verheiratet.

Das ist natürlich eine gute Möglichkeit, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und da etwas frei und darüber hinaus zu entwerfen. Aber ich hab das dann doch nicht so gebraucht oder hatte nicht die Ausdauer dafür, wer weiß. 🙂

über Als ich so alt war

Seit Anfang Mai erscheint in der F.A.Z. vier mal pro Woche der Fortsetzungscomic Als ich so alt war. Abwechselnd wird von den Erlebnissen Lillis und ihrer Großmutter erzählt, mit einem nicht übertriebenen Blick auf die Lasten und Leiden des Alltags. Anfangs gegensätzliches nähert sich dabei nicht nur erzählerisch an. Der Strich wechselt zwischen grob umrissenen Freiräumen und strikt umzäunten Statements wenn die Figuren aneinandergeraten. Und das tun sie nicht selten.
Als ich so alt war ist kein Allgemeinplätzchen das jedem schmeckt. Der Genuss setzt eine Grundbereitschaft des Lesers voraus, sich auf den Stil einzulassen. Und eben diese Hürde sollte man Willkommen heißen. Ins Autorenkino geht man ja auch nur dann wenn man dazu aufgelegt ist und sich nicht von Einheitskost berieseln lassen möchte.

DerLachwitz
Das bietet natürlich neue Möglichkeiten sich humoristisch auszutoben. Sonst kann man ja nur auf reale Personen zurückgreifen, auf deren Kosten dann etwas geschieht. Tut man sich nicht schwer damit, wenn andere da hineingezogen werden?

Katja Klengel
Genau. Ich hab Leute aus meinem Umfeld zur Inspiration genommen und die tauchten dann auch mal auf, aber ich habe eigentlich nie Witze auf deren Kosten gemacht. Und wenn ich es doch mal gemacht habe, dann habe ich den Betreffenden immer zensiert. Er hatte dann kein Gesicht oder es war eine beliebige Figur, aber nicht DIE eine Figur. Es ist ja nicht mein Ziel Leute bloßzustellen, dann könnte ich ja DSDS Caster werden.

 


1 comment

  1. FAZ-Leser November 8, 2012 10:46 pm  Antworten

    Liebe Katja,
    habe mich jede Woche von Di-Fr bei FAZ-Online auf die Geschichte gefreut! Bin sonst kein großer Fan der FAZ-Comics, aber diesmal hat die Redaktion eine Perle gefunden! Diese Geschichte hatte alles – gefühlvoll, einfühlsam, aber ohne Kitsch, mit beiden Beinen im Leben! Eine Geschichte zum Verlieben! Fantastisch, was man in einem Comic so unterbringen kann! Und das von einer jungen Frau, mit einer Weisheit und Lebenserfahrung gezeichnet, die ihresgleichen sucht! Kein Wunder, dass die Geschichte unter intensiven Auseinandersetzung mit dir selbst entstanden ist! Weiter so, alles Gute für die Zukunft und herzlichen Dank für 7 wunderschöne Monate!
    P.S.: Wenn das mit der Moldau kein Zeichen ist? Bitte als Heft herausgeben, ich würde es sofort kaufen!

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